Selketalbahn – Harzer Schmalspurbahnen

Harzer Selketalbahn

Vorstellung der Harzer Schmalspurbahnen, Fahrpläne, Reiseangebote, Events sowie ueber Interessen- und Freundeskreise der HSB

Quelle: Selketalbahn – Harzer Schmalspurbahnen

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Rand des Harzes mit normalspurigen Eisenbahnlinien erschlossen. Um auch die Erzgruben, Hüttenwerke, Sägewerke und anderen Fabriken im Inneren des Harz-Gebirges an das Eisenbahnnetz anzuschließen, initiierten Eisenbahnkomités zahlreiche Projekte. Die Realisierung scheiterte meist zunächst an den Geländeverhältnissen, an den Baukosten und an der Zersplitterung des Gebietes in mehrere Herzogtümer. Erste konkrete Vorhaben zeichneten sich mit Gründung der Gernrode-Harzgeroder Eisenbahn-Gesellschaft (GHE) am 10.05.1886 ab.
In der Konzession zum Bau und Betrieb einer Bahnlinie von Gernrode nach Harzgerode und Silberhütte vom März 1887 wurde in Anlehnung an die Feldabahn in Thüringen aus Kostengründen eine Spurweite von 1000 mm (Meterspur) festgelegt. Weil die anhaltinischen Herzöge eine Bahn durch ihre Jagdreviere ablehnten, konnte nicht eine bezüglich Geländeverhältnisse einfache Streckenführung durch das untere Selketal bei Meisdorf gewählt werden. Statt dessen mußte man die Strecke vom Harzrand in das Gebirgsinnere über das Massiv des Rambergs führen. Als Ausgangsstation wählte man das Städtchen Gernrode, welches seit 1885 einen normalspurigen Eisenbahnanschluß (Strecke Frose – Ballenstedt – Quedlinburg) besaß. Da Preußen erst mit dem am 28. Juli 1892 erlassenen „Gesetz über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen“ („Kleinbahngesetz“) einfachere Bedingungen für den Bau und den Betrieb von Privatbahnen einräumte, mußte die GHE ihre Strecken nach den für die Preußischen Staatsbahnen geltenden strengen Vorschriften bauen und betreiben. Deshalb ist die Selketalbahn keine Kleinbahn!

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Entwicklung des Streckennetzes derGHE.
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Der erste Streckenabschnitt (von Gernrode nach Mägdesprung) wurde am 7. August 1887 eröffnet. Diese Strecke war somit die erste Schmalspurbahn im Harz. In den Folgejahren erfolgte schrittweise die Erweiterung über Alexisbad nach Harzgerode und von Alexisbad über Güntersberge schließlich 1892 bis Hasselfelde (siehe Karte). Die Streckenführung über einige Kilometer entlang des Flüßchens Selke ist der Grund für den im Volksmund entstandenen Beinamen „Selketalbahn“ für die Schmalspurbahnstrecken der GHE.
Erst 1897 wurde die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (NWE) gegründet, deren Strecken Nordhausen – Drei Annen Hohne – Wernigerode (Harzquerbahn) und Drei Annen Hohne – Brocken (Brockenbahn) am 27.03.1899 vollständig in Betrieb gingen. Im Jahr 1905 stellte dieGHE die Strecke Stiege – Eisfelder Talmühle fertig. Damit war eine Verbindung zur Harzquerbahn der NWE geschaffen.

Bis zum ersten Weltkrieg entwickelte sich die Geschäftsbilanz der GHE positiv. 1915 mußten mehrere Lokomotiven und Güterwagen an die Deutschen Heeresfeldbahnen für den Kriegseinsatz in Frankreich abgegeben werden, von wo sie nicht zurückkehrten. In der schwierigen Zeit der Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren wurde zeitweilig der Verkehr zwischen Stiege und Eisfelder Talmühle eingestellt. In den 1930er Jahren versuchte die GHE durch Beschaffung eines Dieseltriebwagens und durch eigene Omnibuslinien der durch den Kraftverkehr aufkommenden Konkurrenz zu begegnen.

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Stand nach dem Abbau für Reparationszwecke im April 1946
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Als Folge der Kriegseinwirkungen des II. Weltkrieges ruhte von April bis Mai 1945 der Verkehr auf der Selketalbahn. Im April begann der Abbau der Gleise, um diese zusammen mit nahezu allen Loks und Wagen als Reparation in die Sowjetunion zu transportieren. Lediglich der Anschluß zur Flußspatgrube Herzogschacht und die Strecke Hasselfelde – Stiege – Eisfelder Talmühle (ab April 1946 Betriebsführung durch die NWE) blieben erhalten (siehe Karte). Am 30.06.1946 erfolgte die Verstaatlichung der verbliebenen Gebäude und Anlagen der GHE. Da sich der Abtransport des Flußspats über die schlechten Straßen als problematisch erwies, erteilt die Sowjetische Militäradministration (SMAD) die Genehmigung zum Wiederaufbau der Selketalbahn. Auf Grund der schwierigen Materialbeschaffung zog sich der Wiederaufbau von Oktober 1946 bis Juli 1950 hin. Den Abschnitt zwischen Anschluß Herzogschacht und Stiege baute man vorerst nicht wieder auf.
Seit 01.04.1949 unterstanden die Strecken der ehemaligen GHE wie auch die der NWE der Deutschen Reichsbahn (DR) – der Staatsbahn der DDR.

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Das Streckennetz nach seinem vollständigen Wiederaufbau.
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Ab Mitte der 1960er Jahre vernachlässigte die DR die Unterhaltung der Schmalspurbahnen, denn zu Anfang der 1970er Jahre wollte man den „Verkehrsträgerwechsel“ (Einstellung des Bahnverkehrs, Ersatz durch Bus und Lkw) vollziehen. Der schlechte Straßenzustand sowie fehlende Busse und Lkw’s erhielten die Schmalspurbahnen vorerst am Leben. Im Jahr 1972 legte das Ministerium für Verkehrswesen der DDR fest, daß ausgewählte Schmalspurbahnen wegen ihrer Bedeutung für den Tourismus zu erhalten wären. Die Selketalbahn gehörte zu den ausgewählten Bahnen. Daher hat man wieder stellenweise den vernachlässigten Oberbau instandgesetzt. Der ebenfalls 1972 geplante Wiederaufbau des seit 1946 fehlenden Abschnitts zwischen Straßberg und Stiege ließ noch einige Jahre auf sich warten. Erst die Ölkrise zu Beginn der 1980er Jahre gab den Anstoß. Für die pyrotechnische Fabrik in Silberhütte sollte ein Braunkohle-Heizkraftwerk gebaut werden. Da wegen des begrenzten Lichtraumprofils von Gernrode aus kein Transport von Normalspurwagen auf Rollwagen bzw. Rollböcken möglich war, wollte man die Kohle per Bahn von Nordhausen aus zum Kraftwerk transportieren. Daher erfolgte 1983 der Lückenschluß zwischen Straßberg und Stiege. Die Selketalbahn war wieder vollständig und mit der Harzquerbahn verbunden. Damit die Loks der Güterzüge nicht Umsetzen mußten, baute die DR 1984 in Stiege eine Wendeschleife.
Angesichts des Verschleißes und der hohen Kosten des Dampflokeinsatzes startete die DR Ende der 1980er Jahre ein Programm zur „Verdieselung“. Bis auf wenige Sonderzüge sollten nur noch Dieselloks zum Einsatz kommen. Da es an Devisen für den Lokkauf im Ausland fehlte und da durch die Elektrifizierung von Hauptstrecken normalspurige Streckendieselloks frei wurden, entschloß sich die DR zum Umbau von Loks der Baureihe 1108 zu Schmalspurdieselloks.

Nach der politischen Wende in Ostdeutschland kamen Bestrebungen auf, die Brockenbahn zu sanieren und außer der Strecke Wernigerode – Brocken die anderen Strecken der Harzer Schmalspurbahnen stillzulegen. Das veranlaßte Eisenbahner und Eisenbahnfreunde zur Organisation des Widerstands gegen derartige Absichten. So wurde zum Beispiel in Gernrode im Frühjahr 1990 die „Arbeitsgemeinschaft Selketalbahn“ gegründet, um sich für den Erhalt der Selketalbahn und des Dampflokbetriebes einzusetzen. Aus der AG entstand 1991 der Freundeskreis Selketalbahn e.V. (FKS).
Durch die Wiedervereinigung Deutschlands zeichnete sich ab, daß die Schmalspurbahnen im Harz unter Regie der DR keine Zukunft haben werden. Über eine kommunale Gründungsgesellschaft entstand am 19. November 1991 das private Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) „Harzer Schmalspurbahnen GmbH (HSB)“. Am 01.02.1993 übernahm die HSB die Strecken, die Anlagen, die Fahrzeuge und den größten Teil der bei den Schmalspurbahnen im Harz tätigen Mitarbeiter der DR. Seit diesem Tag ist die HSB zuständig für den Betrieb auf den Harzer Schmalspurbahnen.

Auf der Strecke Quedlinburg – Frose (– Aschersleben) stellte am 31.01.2004 die DB AG den Personenverkehr ein. Das Land Sachsen-Anhalt hatte die Leistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) abbestellt. Da der Güterverkehr schon vorher eingestellt wurde, besaß die Selketalbahn keine direkte Anbindung an eine normalspurige Bahnstrecke mehr.

Im April 2005 begannen mit dem Umbau des Schmalspurbahnhofs Gernrode vom Endbahnhof zum Durchgangsbahnhof die Arbeiten zur Verlängerung der Selketalbahn nach Quedlinburg unter Nutzung der Normalspurtrasse (siehe Strecke Gernrode – Quedlinburg). Am 26. Juni nahm die HSB den Fahrplanverkehr auf der Verlängerung der Selketalbahn auf.